Architektur hautnah: Hamburgs schöne Häuser

Hamburg hat viel zu bieten. Das gilt für berühmte Sehenswürdigkeiten, das gilt aber auch für die Architektur. Bei einem Spaziergang kann man eine Menge interessanter Bauwerke entdecken: bekannte und weniger bekannte Häuser, Sehenswürdigkeiten und Quartiere für die Hamburger

Die Fischauktionshalle

Architektur: die Fischauktionshalle
Die FIschauktionshalle: Wahrzeichen der Stadt

Sie gehört wahrscheinlich zu den berühmtesten Gebäuden der Stadt: die Fischauktionshalle. Dabei gehörte sie ursprünglich nicht mal zu Hamburg, sondern zu Altona. Und die – damals dänische – Stadt war größter Konkurrent zur Hansestadt, wenn es um den Fischfang ging. 1884 begann deshalb der Magistrat von Altona, die Fischauktionshalle zu erreichten. So wollte man den Handel mit den Meeresbewohnern in Altona halten.
Gebaut wurde die Fischauktionshalle im Stil einer römischen Basilika. Vom Gebäude aus führt eine Brücke zu einem Anleger für acht Schiffsdampfer. Übrigens: Nicht nur die Fischauktionshalle ist historischer Beleg für die Konkurrenz zwischen Altona und Hamburg. Der Stuhlmannbrunnen in Altona zeigt den Kampf der beiden Schiffe in einem monumentalen Denkmal.

Das Störtebekerhaus

Stilecht mit Kanone: das Störtebekerhaus

Wir bleiben maritim. Klaus Störtebeker machte als Freibeuter die Meere unsicher, bis die Hanse seinem Treiben ein Ende setzte. An den Piraten erinnert in Hamburg nicht nur seine Hinrichtungsstätte in der HafenCity mit dem Störtebeker-Denkmal, sondern auch das Störtbekerhaus in der Süderstraße 276. Dies ist ein kleines Kuriosum. Sieht historisch aus, ist es aber nicht: das Störtebeker Haus wurde erst 2004 gebaut. Bei diesem Bauwerk lohnt es sich, genau hinzuschauen – und zu hören: Direkt unter dem Zifferblatt der Uhr am Borstelmannsweg ist nämlich ein Störtebeker-Glockenspiel installiert. Täglich kurz vor 12 Uhr tauchen zwei Schiffe auf, gefolgt von sechs Vitalienbrüdern, angeführt von Störtebeker und Gödeke Michel, und verschwinden wieder. In der zweiten Runde tritt der Henker auf und köpft mit jedem zweiten Glockenschlag einen der sechs Vitalienbrüder.

Villen in der Heilwigstraße

Architektur: Villa in der Heilwigstraße

Schöner wohnen auf hamburgisch? Ganz klar: Harvestehude. Denn hier hat der gediegene Hamburger alles, was sein Leben bereichert – edle Villen mit Wasserzugang zum Beispiel. Die meisten der herrschaftlichen Häuser stammen aus der Gründerzeit, dem Historismus und der Zeit des Jugendstils. Havestehude blieb von den Bombardierungen des Zweiten Weltkriegs weitgehend verschont. Dementsprechend viel alte Bausubstanz gibt es hier auch. Vom oberen Teil der Heilwigstraße gehen mit der St. Benedictstraße und der Abteistraße zwei Straßenzüge ab, deren Namen auf das hier ab dem frühen Mittelalter ansässige Kloster verweisen. Dieses Kloster, benannt nach dem vorherigen Kloster-Sitz, dem Dorf „Herwardeshuthe“, gab dem Stadtteil Harvestehude seinen Namen. Auch die Benennung des benachbarten Klostersterns oder des Nonnenstiegs gehen auf das klösterliche Erbe zurück.Heute gehört Harvestehude zu den teuersten und beliebtesten Vierteln der Stadt. Das gilt nicht nur für die Gegend rund um die Heilwigstraße, sondern auch für die Häuser an der Hochallee oder die Region rund um den Innocentiapark.

Kaufmannshäuser am Nicolaifleet

Die Deichstraße am Nikolaifleet: Ensemble von Bürgerhäusern
Bürgerhäuser und Speicher am Nikolaifleet

Heute zählt das Nicolaifleet und die angrenzende Deichstraße zu den beliebtesten Ecken Hamburgs für Touristen. Denn hier ist eines der tragischsten Kapitel Hamburgs lebendig geblieben: der große Brand von 1842. Denn genau hier, und zwar am Haus des Zigarrenmachers Eduard Cohen, brach am 8. Mai ein Feuer aus, was verheerende Folgen haben sollte. Eine Mischung aus ungünstigen Windverhältnissen und zögerlich getroffenen, teils falschen Entscheidungen sorgte damals dafür, dass sich die Flammen durch mehr als Straßen fressen konnten und 1700 Häuser vernichteten. 50 Menschen kamen dabei ums Leben, mehr als 20.000 Hamburger waren obdachlos.

Doch die zupackende Art der Hamburger sorgte dafür, dass die Stadt – im wahren Wortsinn – wie Phönix aus der Asche neu entstand. Schon einen Tag nach dem Brand hatte sich ein Hilfsverein für die Bürger gegründet, neue Pläne für den Aufbau folgten. Kennzeichnend für die Bauten, die nach dem großen Brand entstanden, waren klassizistische Formen und Anleihen bei italienischen Städten. Prägend dabei waren die Rundbögen, die vielen Gebäuden ihren südländischen Charme verlieren. Die Alsterarkaden zählen zu der Architektur, die nach dem großen Brand in Hamburg vorherrschte. An der Deichstraße selbst steht bis heute noch ein Ensemble der Bürgerhäuser, die seinerzeit vom Feuer verschont wurden. Interessant ist dabei nicht nur ihre repräsentative Front, sondern auch die Speicher, die aufs Nikolaifleet hinausgehen.

Poesie pur: das Heine-Haus


Wenn man vom großen Brand spricht, sollte ein Name nicht unerwähnt bleiben: der von Salomon Heine nämlich. Der Bankier, auch als Rothschild Hamburgs bekannt, sorgte nach dem verheerenden Feuer dafür, dass Kaufleute mithilfe günstiger Kredite ihr Geschäft wieder eröffnen konnten.

Darüber hinaus war Heine bekannt für sein Faible für die schönen Künste – und dazu gehört mit Sicherheit auch das Heine-Haus in Ottensen. Das ließ Salomon Heine um 1832 errichten. Der ovale klassizistische Gartensaal, der nur von der Gartenseite her zu erreichen war, diente dem Hamburger Bankier als persönliches Refugium. Wahrscheinlich hat Salomon dort auch seinen Dichterneffen Heinrich Heine empfangen. Aber auch den Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy. Dieser war ständiger Gast Salomon Heines und übernachtete während seiner Hamburger Aufenthalte stets in Salomon Heines Landhaus in Ottensen.

Heinrich Heine nutzte die Zeit im Gartenhaus seines Onkels auch, um zu schreiben. So auch die letzte Strophe seines Gedichts „Affrontenburg“ :
„Mit Neid sah ich die Schiffe ziehn
Vorüber nach beglückten Landen –
Doch mich hielt das verdammte Schloß
Gefesselt in verfluchten Banden.“

Moderne Kunst oder Bau? die tanzenden Türme

Tanzende Tuerme

Keine Frage, den Charme historischer Gebäude haben moderne Bauten meist nicht. Müssen sie aber auch nicht unbedingt. Das zeigen die Tanzenden Türme am Anfang der Reeperbahn. Entworfen wurden die beiden Hochhäuser von Stararchitekt Hadi Teherani, der mit seiner Idee einen Architekturwettbewerb gewann. Die tanzenden Türme stehen übrigens symbolhaft für Musik und Sex, also das, was die Reeperbahn letztlich (auch) ausmacht. Doch auch wenn die Architektur der beiden Häuser für Zustimmung sorgte, blieb das Projekt an sich nicht ohne Kritik. Vor allem die Tatsache, dass hier kein Wohnraum geschaffen wurde, sondern lediglich Büros und das Arcor-Hotel. Allerdings: Im Erdgeschoss und auf zwei weiteren Untergeschossen findet die Partycrowd das Mojo wieder – der legendäre Club war vorher im Millerntor-Hochhaus beheimatet, also an gleicher Stelle.

Fachwerkensemble im Komponistenviertel

Mogelpackung: die Fachwerkhäuser im Komponistenviertel stammen aus den 60er Jahren
Aus alt mach neu, aber in alt: die Fachwerkhäuser aus den 60er Jahren ruhen auf historischen Fundamenten

Hamburgs Geschichte besteht gottlob nicht nur aus Katastrophen, sondern auch aus den schönen Künsten. Und dass die Muse bisweilen seltsame Wege geht, wird rund um die Peterstraße besonders deutlich. Denn hier ließ in den 60er Jahren ein Industrieller namens Alfred Toepfer Fachwerkhäuser neu errichten. Im historischen Stil, aber auf alter Bausubstanz. Allerdings: historisch richtig sind diese Bauten keineswegs. Denn hier lebten früher nicht etwa wohlhabende Kaufleute, wie die Fachwerkbauten suggerieren, sondern arme jüdische Mitbürger. Genau genommen sind die Fachwerkhäuser also historischer Fake. Das macht aber nix, solange das Ergebnis so gelungen und stimmig ist wie hier.


In der Peterstraße liegt zudem das sogenannte KomponistenQuartier der Stadt. Ein Museum, oder eigentlich eher sechs, für musikalische Schwergewichte, die untrennbar mit Hamburg verbunden sind: Georg Philipp Telemann, Carl Philipp Emanuel Bach, Felix Mendelsohn, Gustav Mahler, Johann Adolph Hasse und natürlich Johannes Brahms. Der wurde übrigens im seinerzeit sehr verrufenen Gängeviertel geboren, im Specksgang, einer schmalen, krummen Gasse. Ein Blick in die historischen Adressbücher Hamburgs fördert zutage, dass hier einst auch einst eine Zuckerfabrik beheimatet war – vielleicht ein Grund dafür, warum Brahms zeitlebens wenig mit überzuckerten, süßlichen Klängen zu tun haben wollte.

Falkenried-Terrassen: Das Dorf in der Stadt

Ländlich: die Falkenriedterrassen
Eine wunderschöne Ecke mitten in Hamburg; die Falkenried-Terrassen

Mit den Falkenried-Terrassen verhält es sich so ein wenig wie mit dem kleinen gallischen Dorf in den Asterix-Comics: Während rundherum in Hoheluft-Ost Herrschaftshäuser mit aufwendig sanierten Altbauwohnungen prunken, zeigen sich die Falkenriedterrassen mit ihren flachen Häuserreihen, angelegt in fünf schmalen Wegen, relativ resistent gegen Mietwucher. Kein Wunder: Die Häuser hier werden von einer Mietergenossenschaft verwaltet.

Die Falkenried-Terrassen bestehen aus 20 Kopfbauten mit 124 Wohnungen und 20 Ladenlokalen sowie 89 Terrassenhäusern mit 534 Wohnungen. Erbaut wurden sie in den Jahren 1890 und 1902 und zwar als Arbeiterwohnungen. Sie boten zum einen den Beschäftigten der Straßen-Eisenbahngesellschaft ein arbeitsplatznahes Zuhause, die direkt gegenüber lag. Zum anderen fingen sie die Hamburger auf, die durch die Freihafenerweiterung ihre Wohnungen auf der Kehrwieder- und Wandrahminsel verloren hatten.

Politisch galt das kleine Viertel lange als rote Hochburg, was vor allem den Nationalsozialisten ein Dorn im Auge war. So soll der Hitlerjunge Otto Blöcker angeblich in einem organisierten Anschlag mit Beteiligung von „roten“ Terrassenbewohnern ermordet worden sein. Im folgenden Prozess werden mehrere Bewohner zum Tode verurteilt und hingerichtet, andere mit langjährigen Zuchthausstrafen bestraft.


Nach dem Krieg gingen die Terrassen zunächst in den Besitz der Neue Heimat Nord, später dann in den der Stadt Hamburg über. 1973 organisierten sich die Mieter zunächst in einer Vereinigung, 15 Jahre später dann in einer Genossenschaft. Anfang der 90er Jahre dann begannen die Sanierungsarbeiten. Heute sind die Falkenried-Terrassen ein echtes Schmuckstück und ein lebendiges Dorf in der Stadt, in der Wohnen, Leben und Kultur zuhause sind.

Herrschaftlich: das Wellingsbüttler Torhaus

Prachtvolle Architektur: Torhaus in Wellingsbüttel
Tohaus des Herrenhauses von Wellingsbüttel

Ein Ausflug in den Norden Hamburgs ist immer ein wenig wie ein Trip in eine andere Welt. Denn hier geht es im Vergleich zur trubeligen City ländlich zu. Wer in Wellingsbüttel unterwegs ist, sollte unbedingt dem Herrenhaus samt Torhaus (Foto) einen Besuch abstatten. Es wurde 1757 als Fachwerkbau errichtet und nach einem Entwurf von Georg Greggenhofer errichtet. Das Torhaus wird dem Stil des Backsteinbarocks zugerechnet, trägt auf dem Dachfirst einen Dachreiter, außerdem eine Uhr. Das Herrenhaus dahinter ist rund sieben Jahre älter als das Torhaus und im Stil des Barock gehalten. Während im Torhaus heute ein Museum beheimatet ist, kann man im Herrenhaus fürstlich Kaffee trinken.

Deutsch-amerikanische Freundschaft: die US-Botschaft

Klassizismus: die US-Botschaft
Das Generalkonsulat der USA an der Alster

Die US-Botschaft in der Hansestadt war eine der ersten diplomatischen Vertretungen weltweit – ins Leben gerufen vom 1. Präsidenten der USA: George Washington. Umgekehrt war Hamburg auch einer der ersten Staaten, die in den USA eine Botschaft eröffneten, und zwar ebenfalls 1790. Die US-Botschaft in der Hansestadt residiert ganz standesgemäß am Alsterufer und wird liebevoll „Kleines weißes Haus in Hamburg“ genannt. Das Haus präsentiert sich im klassizistischen Stil, besonders markant ist der säulengeschmückte Eingang.

Allerdings: Es gibt Pläne für einen Umzug in die Hafencity. Diese Pläne sind bereits seit Jahren bekannt: Demnach sollte das repräsentative Gebäude am Alsterufer verkauft werden und die Mitarbeiter neue Räume im Amundsen Haus am Kehrwieder beziehen. Doch bisher ist nichts passiert und so ist es kein Wunder, dass die Gerüchteküche mächtig brodelt: nämlich, dass die Amis mit dem Generalkonsulat gar nicht in Hamburg bleiben, sondern nach Berlin umsiedeln…

Spannend ist jedoch nicht nur die Zukunft der Botschaft, sondern auch die Vergangenheit des Gebäudes, in dem diese residiert: Ursprünglich waren es zwei Villen, die durch einen Torbogen miteinander verbunden waren. Das linke größere Haus wurde 1882 für den Kaufmann Gustav Michaelsen erbaut, der aber verkaufte es einige Jahre später weiter – an eine schillernde Figur der Hamburger Gesellschaft: Wilhelm Anton Riedemann war gebürtiger Deutscher, der lange in Amerika gelebt hatte, bevor er nach Hamburg zurückkehrte.

Hier machte er sich einen Namen als Pionier in der Tankkschiffahrt. Dazu muss man wissen: Seinerzeit kam es beim Beladen der Schiffe mit Petroleum regelmäßig zu Verlusten im zweistelligen Bereich, weil die Flüssigkeit in Holzfässern transportiert wurde. Riedemann ließ 1885 die „Andromeda“ zum weltweit ersten Tanksegler umbauen. Ein Jahr später folgte mit der „Glückauf“ der erste Tankdampfer der Welt, der seine Jungfernfahrt von Hamburg in die Vereinigten Staaten antrat. Der Dampfer hatte übrigens den spöttischen Beinamen „Fliegauf“, weil man der Sache mit den Tanks nicht so recht traute…

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