„Gefühlt“ beginnt sie am Altonaer Rathaus. Die ersten Meter führen noch die Anschrift Klopstockstraße. Die Gaststätte „der Seeteufel“ trägt dann die offizielle Adresse Elbchaussee 1. „Evi” die Herrscherin des Tresens regiert hier mit sympathischen Mundwerk und sorgt dafür, dass Seemansgarn und Döntjes als Kulturgut nicht aussterben.
Die Begehrlichkeit der Chaussee liegt wie bei Monopoly, dem weltweit erfolgreichen Brettspiel um den Aufbau eines Immobilien-Imperiums (in 37 Sprachen und über hundert ändern!) ganz weit oben! Für kein Bauland der Stadt werden höhere Quadratmeterpreise aufgerufen als für die zur Elbe gelegenen raren Flächen der Elbchaussee.
Gegenüber ist vom Altonaer Balkon aus der freie Blick auf den Strom zu genießen, im Hintergrund von der Köhlbrandbrücke überstrahlt. Die imposanten Villen der Elbchaussee sind allesamt geschichtsträchtig. An den „Rainvilleterrassen“ etwa stand Anfang des 19. Jhd. das weithin gerühmte Gartenrestaurant von César Claude Rainville. Der war von den französischen Besatzern hinterlassen worden. Kürzlich hat dort das „Rainvilles“, eröffnet – eine Ensemble mit Event-Location und konkurrenzloser Terrasse oberhalb des Stromshttp://www.altona.info/2012/09/18/rainvilleterrasse-gerkan-marg-und-partner-gmp-starten-architekturakademie-in-altona/
http://rainville-restaurant.de/
Die ehemalige Seefahrtschule http://de.wikipedia.org/wiki/Altonaer_Balkon ist mit Ihrer jüngeren Vergangenheit ein geschichtsrächtiger Ort! Ehemalige Kapitäne und Seebären kommen immer wieder gern an den Ort Ihrer Ausbildung zurück! Jetzt hat DESIGN hier einen wunderbar passende Heimat gefunden.
Die besondere Architektur, verbunden mit dem globalen Spirit der Seefahrer, bietet Hamburg als Medien- und Wissenstandort jetzt eine gestalterische Zukunft durch den hier beheimateten Campus. Das architektonische Kleinod ist skandinavisch geprägt, – der Tradition der Hamburger Kaufmannsvillen an der Elbchaussee aufgreifend. Die Handschrift des dänischen Tischlers und Möbeldesigners Hans Jørgensen Wegner (1914 -2007) prägt viele Details spürbar. Der Bankettsaal für feine Jubiläen und Hochzeiten überzeugt, und wer sich gar nicht lösen möchte von dieser einmaligen Umgebung, kann darin übernachten: Die dem „Rainvilles“ angeschlossenen Appartements bieten Aussicht auf alles, was sich auf der Elbe tut. Teile der Seefahrtschule mussten für eine zeitgemäßere Bebauung nach den Plänen des renommierten Hamburger Architekturbüros Gerkan, Marg, Partner weichen.
Unsere Reise geht hier erst richtig Los. Der unterhalb verlaufende Elbuferweg ist für Fußgänger und Radfahrer eine wunderbare Alternative. Er ist von kleineren Häuschen umsäumt. Sie wurden urspünglich von Kapitänen und Lotsen im Ruhestand bewohnt, eine wunderbare Alternative, der Spur der Elbchaussee zu Folgen. Er ist an verschiedenen Stellen von oben zu erreichen. Der Heinepark des Hamburger Bankiers Salomon Heine mit der gleichnamigen Villa am Beginn auf dem hohen Elbufer genießt längst Denkmalschutz. Heute tagt dort der feine Business Club Hamburg (Hausnummer 43).
In der Nachbarschaft ließen sich einst etablierte Hamburger Familien (Bankiers und Reeder) nieder. Wer den Reiz von Övelgönne erwandern möchte, begibt sich auf den parallel verlaufenden Elbwanderweg, der umsäumt wird von liebevoll gepflegten kleineren Häuschen. ursprünglich Kapitänen oder Lotsen im Ruhestand vorbehalten. Etwa an der „Himmelsleiter“, ein Hohlweg, der von oben zum Elbwanderweg (oder von dort hinauf) führt, steht eine Skulptur der Ameisen von Joachim Ringelnatz.
Der Weg führt nach einigen Minuten Fußmarsch an der „Strandperle“ vorbei, ein Ausflugslokal einfacherer Art und längst legendär für seine flussabwärts zu bewundernden Sonnenuntergänge die mit wunderschöner Abendröte Fernweh an den Horizont zaubern. Nach Feierabend trifft sich dort, wer sein Büro mit Aussichten auf Kreuzfahrer und allerhand andere Passanten tauschen mag. Regelmäßig wird die Begegnungsstätte von Sturmfluten heimgesucht und ebenso oft wieder zum Laufen gebracht.
Wer dann der Elbchaussee weiter folgt, landet bald im „kulinarischen Bermudadreieck“: Das „Landhaus Dill“, „Landhaus Scherrer“ und „Le noveau Canard“ mit ihren auf hohem Niveau verwöhnenden Patronen Volkmar Preis, Heinz Wehmann und Ali Güngörmüs. Hier werden verwöhnte Gaumen angesprochen. Das „Le noveau Canard“ ist zudem durch Handschrift des Architekturbüros von Gerkan, Marg und Partner auch baulich atemberaubend maritim.
Auf Höhe des heutigen „Scherrer“ gebot zu früherer Zeit ein Schlagbaum halt, an dem Passanten für den weiteren Weg auf der Privatstraße einen Obulus zu entrichten hatten. Lange, bovor man daran dachte, an herausragenden Strecken sowas wie „Maut“ zu erheben.
Weitere Parks säumen die Strecke. Schröders Elbpark mit seinem gut erhaltenen Wirtschaftsgebäude, dem „Halbmondshaus“, auf der rechten Seite beeindruckt mit teils uralten, gewaltige Eichen und riesigen Rhododendren.Vorbei am chinesischen Generalkonsulat an der Nummer 268 und seinem herrschaftlichen Gebäude gegenüber dem Wohnhaus des ehemaligen Springer-Manns Peter Tamm lassen wir den Jenisch-Park mit dem Jenischhaus, rechts liegen. Auf den Grünflächen tollen anscheinend herrenlose Hunde, bis von irgendwo her ein Pfiff ertönt, der sie zumindest kurzzeitig zur Raison bringt.
Links ragen Masten aus dem dicht bewachsenen Ufer: Wir sind am kleinen Hafen Teufelsbrück. http://www.nienstedten.de/Burgerverein/Teufelsbruck/body_teufelsbruck.html Den bildete usprünglich die Mündung der Flottbek, die hier über ihr Quellental in die Elbe fließt. Heute buhlen Museumsschiffe und Liebhaberyachten um Aufmerksamkeit. Die „Dübelsbrücker Kajüt“ verwöhnt mit Pannfisch, Labskaus und in der Vorweihnachtszeit lecker mit Gans. Um der Bau der ersten Brücke für die Landausflüge der Betuchten ranken sich allerlei Legenden. Der Teufel persönlich soll den Bau begünstigt haben …
Vom Anleger Teufelsbrück bringen Fähren Ausflügler ins „Alte Land“ oder Flugzeugbauer zu Airbus. Ein Gedenkstein erinnert an die verheerende Sturmflut von 1962 und markiert deren Höchststand.
Die Elbchaussee verläuft ab hier vorbei an dem Gelände der ehemaligen Elbschloßbrauerei mit dem restaurierten säulenbewahrten Elbschlösschen. Die Mälzerei wurde weitgehend erhalten und bietet nach aufwendiger Renovierung (mit Dach in Form eines Schiffsrumpfes‘!) der Hamburger Reederei Peter Döhle Schifffahrts-KG Quartier. Der Internationale Seegerichtshof daneben residiert seiner Bedeutung gemäß repräsentativ.
Nur wenige hundert Meter weiter grüßt das Louis C. Jacob mit seiner wohl weltberühmten Lindenterrasse. Sie diente vielen Künstlern als Motiv. Das stilvolle, schneeweißen Kaufmannshaus gilt als einer der schönsten Orte und Cafés Hamburgs. Die Küche ist hoch dekoriert, wer übernachten möchte, schläft unter der Obhut von fünf Sternen (Elbchausse 401 – 403).
Direkt unterhalb verläuft der Elbwanderweg, der hier vom „Blanken Hans“ regelmäßig überflutet wird. Wie am 3. Januar 1976, als die Flut noch höher kam als 1962 und schneller, so dass das Personal des dort direkt gelegenen „Dill sin Döns“ (wörtl. „Dill seine gute Stube“) nur über das Dach des Restaurants und den dahinter aufragenden Elbhang entkommen konnten.
Weiter stadtauswärts, vorbei an der „Nienstedtener Hochzeitskirche“ mit ihrem „wackeligen“ Fachwerk folgen weitläufig angelegte Grundstücke, meist mit nur einer Villa bebaut.
Besonders am Wochenende fließt der Verkehr, bedingt durch die vielen „Sehleute“, nur im Schritt-Tempo, oft zum Verdruss der Anlieger. Mancher Gast reibt sich die Augen bei so viel Pracht! Etwa an der Nummer 486. Hier präsentiert sich die „Elblounge“, eine Event-Location für die feine Gesellschaft. http://www.elb-lounge.de/ Der Besitzer wechselte mehrfach. Geblieben ist das von Säulen getragene Haus und der umgebende Landschaftsgarten. Zum Ende der Elbchaussee, im Stadtkern Blankeneses, wird es bürgerlicher und städtischer. Wer Monopoly spielt, ist längst sicher, die Schlossallee gefunden zu haben.
Hanne Petersen