Angst für Humorvolle: ein besonderes Varieté

Angst für Humorvolle: Engelbach & Weinand
Keine Angst vor dr Angst: Eva Engelbach & Marcel Weinand @Ellen Coenders

Das Varieté Angst hat am Kaiser-Friedrich-Ufer angelegt.Vom 8. bis 28.Dezember sollten sich all diejenigen auf dem HoheLuftschiff einfinden, die ein mulmiges Gefühl und schwarzen Humor im Theater zu schätzen wissen. Allerhand merkwürdige Gestalten sorgen hier für ein gänzlich unfestliches, dafür aber bitterböses und tragikomisches Varietéprogramm.

Angst ist das stärkste Gefühl von allen. Sie beschleunigt unseren Puls und lässt unsere Pupillen weit werden. Die R+V-Studie 2019 „Die Ängste der Deutschen“ zeigt, dass die Ängste hierzulande vielfältig sind: vor Altersarmut, dem Klimawandel, Zuwanderungsthemen, Donald Trump. „Zeit, sich das Thema Angst also mal von einer ungewöhnlichen Seite anzusehen“, findet Regisseur Marcel Weinand. „Wir treiben unser Lustspiel mit der Angst im Varietéformat.“

Von Messerwerfern und Kunstschwitzern

Er hat die Hosen an im Varieté: Direktor Angst hat eine skurrile Besetzung um sich geschart, die sich mit allem auskennt außer mit Varieté. Wenn das Messerwerfer-Paar die Bühne betritt, fliegen die Fetzen, aber keine Messer. Und wer jemals wissen wollte, wie ein Kunstschwitzer arbeitet, wird hier erkennen, dass Angstschweiß, der aufgrund von lächerlich niedrigen Künstlergagen und Furcht vor Ideenmangel geschwitzt wird, der Kunst am zuträglichsten ist. Selbstverständlich darf auch ein Angsthasenballett nicht fehlen – denn ein Varieté wäre schließlich kein Varieté ohne Musik und Tanz.

Mit Varieté Angst knüpfen Engelbach&Weinand an die fast 20-jährige Tradition der unweihnachtlichen Vorweihnachtsstücke im Lichthof Theater an. Wir haben Eva Engelbach (Musik) und Marcel Weinand (Regie) ein paar Fragen zum Thema Angst gestellt.

Hamburg Guide: Euer neuer Abend heißt „Varieté Angst“. Was hat Angst denn bitte mit Varieté zu tun?

Eva: Vordergründig nichts. Hintergründig alles. Hinter jedem Kunststück steht eine Auseinandersetzung mit der Angst: der Angst vorm Fallen beispielsweise, und vor dem Scheitern im Allgemeinen. Es erfordert viel Übung und ein unbedingtes Wollen, diesen Ängsten entgegenzutreten um am Ende etwas Zeigbares zu erschaffen. Und was der Zuschauer dann sieht, kommt ihm unglaublich vor. Er denkt: Toll, was Menschen so können können. Er möchte gerne staunen und glauben, dass die Welt eine Gute ist, eine Welt, in der man alles schaffen kann, wenn man nur will. Und vergisst so überdies seine eigenen Ängste für eine kleine Weile.
Marcel: Überall, wo Leute was zeigen, gibt es Angst. Die einen haben Angst, dass es nichts wird. Und die anderen auch.

Wenn Ihr an die Premiere denkt: Habt Ihr davor ein bisschen Angst? Und wenn ja, wovor?
Marcel: Vor leeren Stühlen.
Eva: Eine schlechte Premiere kann einen großen Künstler den Ruf kosten. Das kann schon Angst machen. Aber uns kann das nicht passieren, da wir uns nicht im Olymp der Gefeierten bewegen.


Könnte man Lampenfieber als eine Sonderform von Angst beschreiben?
Marcel: Eine ganz unerklärliche zwar, aber ja – eine Sonderform.
Eva: Lampenfieber ist die Angst vor negativen Bewertungen, sie entsteht also durch Erwartungsstress. Wir versuchen, uns diesem Stress nicht hinzugeben, stattdessen thematisieren wir ihn und bringen ihn auf die Bühne. Die Angst vor Lampen ist übrigens eine der wenigen nicht dokumentierten Ängste in einer schier unendlichen Liste der tollsten Phobien…

Kann Angst auch komisch sein?
Marcel: Ich finde Ängste ganz oft komisch – weil unbegründet.
Eva: Angst ist nicht komisch, wenn man unter ihr leidet. Aber sie bewirkt durchaus Verhaltensweisen, die sich komisch darstellen, wenn man diese distanziert betrachtet. Alle möglichen Absurditäten entstehen ja erst aus Angstvermeidungsstrategien.


Marcel, was liebst du an der Form des Varietés? Weshalb habt ihr euch dafür entschieden?

Unsere Lichtdesignerin Stephanie Meier hatte sich das gewünscht. Und in unserer Situation bot es sich an, eher kleine Bögen zu spannen. Das macht es einfacher zu proben und einfacher, die Sache dann ganz woanders zu präsentieren. Und man kann wieder kleine Tischchen und Lämpchen hinstellen, das mag ich so gern.

Eva, macht deine Musik für „Varieté Angst“ Angst? 
Glaub ich nicht. Ich pack nicht den Penderecki aus.

Und wie schreibt man ängstliche Lieder?
Keine Ahnung. Aber verminderte Akkorde und Hallpedal machen sich da sicher ganz gut.  

HoheLuftschiff
Kaiser-Friedrich-Ufer 27
Premiere: Samstag, 07.12., 20 Uhr  
Weitere Vorstellungen: So. 08.12., Fr. 13.12., Sa. 14.12., So. 22.12., Do. 26.12. und Sa. 28.12., jeweils 20 Uhr

         

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