Kunsthandwerker Peter Baron fertigt Hochzeitsstühle nach Elbinsel‐Tradition – Oder: Der Stuhl‐Baron von der Elbinsel

„Dat gifft keenen, de dat mogt.“ Als Peter Baron diese Worte auf Plattdeutsch von einem Nachbarn hört, reift in dem gelernten Modelltischler eine Idee: Er wird die alte Tradition fortsetzen und die historischen Finkenwerder und Altländer Hochzeitsstühle wieder herstellen. Die, die nicht nur sein Nachbar so sehr schätzt.
Mehr als 700 Pfostenstühle mit fein gedrechselten Rundungen und einem Rückenbrett mit individuellen kunstvollen Flachschnitzereien haben seither die kleine Werkstatt auf der ehemaligen Elbinsel in Hamburg‐Finkenwerder verlassen.
Diesem Handwerk, das im 17. Jahrhundert seinen Ursprung fand, geht Peter Baron mittlerweile seit 28 Jahren und mit immer noch großer Leidenschaft nach.
Damals waren es die reichen Bauern aus dem Alten Land, die ihrer heiratswilligen Tochter und dem Bräutigam zwei schön verzierte Stühle zur Aussteuer schenkten. Den Auftrag erhielt der Drechsler vor Ort, der aufgrund der strengen Zunftordnung die Schnitzarbeiten nicht selbst ausführen durfte, sondern diese Arbeit an die Tischler und Zimmerleute als Winterbeschäftigung weiterreichte.
Das Hochzeitsjahr, der Name des Mannes und der Mädchenname der Frau – hier allerdings noch mit dem Zusatz „J“ für Jungfer – wurden, von Blütenranken eingerahmt, kunstvoll im Rückenbrett verewigt und farbig ausgestaltet.
Im Alten Land und in Finkenwerder bestand die Sitzfläche aus einfachem Nadelholz. Ein reich besticktes Paradekissen mit Troddeln, das gleichzeitig die hausfraulichen Fähigkeiten der Gemahlin aufzeigte, wertete den Sitz auf. Anders als in den Vier‐ und Marschlanden. Hier flochten die Handwerker die Sitzfläche traditionell aus Binsen oder Rattan und das Brett zierten Intarsien.
Heute werden die Hochzeitsstühle, die früher aus Eschenholz und jetzt gern aus Eiche gefertigt sind, zu Jubiläen, Geburtstagen, Taufen und natürlich auch Hochzeiten in Auftrag gegeben. „Dabei ist es mir sehr wichtig, herauszufinden, was den Menschen charakterisiert, für den ich fertige“, erklärt der Stuhlmacher. Neben Namenszug und Jahreszahl bekommt zum Beispiel der Obstbauer Äpfel und Birnen, der Schachspieler eine Brettfigur oder der Jäger einen Hirschkopf als Schnitzarbeit in das Rückenbrett. Motive, die Leben, Arbeit oder Hobby des Beschenkten auf ganz individuellen Wunsch aufzeigen.
Dass sich dieses Kunsthandwerk lohnt, kann der über 70‐ Jährige nicht gerade behaupten. Zwischen 700 und 1000 Euro kostet ein Hochzeitsstuhl, für den er gut zwei Dutzend Arbeitsstunden zur Zusammensetzung der rund 50 Einzelteile und der Schnitzereien benötigt. Doch für den „Stuhl‐Baron“ lebt dadurch nicht nur die Tradition weiter. „Ich mag es einfach, wenn schöne Dinge entstehen“, erklärt er bescheiden und greift zum Beitel, um weiterzuschnitzen.

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