Jörg Schilling ist ein kreativ schaffender Mensch, der mit seinem Wissen um Gebäude, Werke im öffentlichen Raum ein Lebenswerk aufgebaut hat.
Sein erstes Bauheft im Schaff-Verlag befasste sich mit dem hanseatischen Oberlandesgericht, sein letztes Buch widmet sich Werner Nöfer dem Künstler, der in Hamburg durch die Bemalung der Fassaden Grünspans, Schlittschuhbahn-Wallanlagen, Abaton Kino bekannt ist.
Ein Historiker, der zwischen Denkmalverein Hamburg und Oberbaudirektor sensibel für das Hinschauen in unserer Stadt wirbt.
Mit dem Wissen um Gebäude macht das Erlebnis Stadtbegegnungen mehr Spaß. Das Oberlandgericht an den Wallanlagen am Sievekingsplatz ist das kleinste der drei Justizgebäude.
Durch Lage, stilistische und baukünstlerische Mittel wie Kuppel und figürliche dekorative Elemente versucht es, den Größennachteil zu kompensieren. Der Besucher mehr „Augenangeln” zum Entdecken.
Gerichte sind per se keine einladenden Orte und eher eine steingewordene Machtdemonstration des Staates.
Trotzdem lohnt es sich, den Besucherdienst der Justiz zu nutzen, oder eben mit dem Bauheft sich den Gebäuden zu nähern. „Histourismus” bürgerliche Aufklärung, Zusammenhänge zwischen wilhelminischen und heutigem Hamburg zu entdecken.

Hanseatisch ist der Gedanke manifestiert,im Oktober 1879 als gemeinschaftliches Oberappellationsgericht für die Freien Hansestädte Bremen, Hamburg und Lübeck errichtet. Die drei Grazien begrüßen draußen das Gebäudeensemble. Den Grazien stehen mit der Monumentalplastik die drei Männer entgegen. Sie symbolisieren die drei Faktoren Handel, Schifffahrt und Gewerbe.
Arthur Bock rahmte als Künstler hier ein Wasserbecken ein, das hier im etwas tiefergelegten Teil des Platzes poitioniert war. Es wurde erst im Zuge der Umbaumaßnahmen 1963 der internationalen Gartenbauausstellung entfernt (Seitdem haben wir die Wasserspielorgel in den Wallanlagen-guter Tausch!).
Die Justitia am Gebäude stammte ebenfalls aus seinem Schaffen, die Spinx Skulptur, welche es zu entdecken gilt, stammt vom Kollegen Stichling.

Ernst Friedrich Sieveking war der erste Präsident des Oberlandesgerichts. Seine liberalen, anglophilen, kosmopolitischen, der Aufklärung verpflichtenden Ansichten, wirkten prägend nach. Der Platz ist nach ihm benannt.
Erst 2007-2020 folgte mit Erika Andreß die erste Frau als vorsitzende Richterin.

Die lateinische Inschrift „Jus est ars boni et aequi” im verwendeten Kalkstein kann man im Allgemeinen mit „Recht ist, im harmonischen Gleichmaß das Wahre zu finden und das Gute zu wirken“ übersetzen.
Das Gemälde im Treppenhaus war lange zentraler Bildschmuck im alten Plenarsaal. Das Gruppenbild der Gerichtspräsidenten wurde 1904 von Leopold Graf v. Kalkreuth gemalt.
Die Treppenhalle mit ihrer Facettedecke und Sternkreiszeichen im Kuppelgewölbe ist das zentrale Element des Gebäudes.
Die Allegorien der Gerechtigkeit, Klugheit, Weisheit und der Milde finden sich in den Ecken des Raumes wieder.

Wer hinter die Kulissen schauen möchte, Plenarsaal und mehr fundiertere Informationen mag:
Am 28. März 2025 jährt sich die Einweihung des Gebäudes zum 113. Mal.
Anmeldung wird erbeten unter: Tel.: 040-42843-2006 oder E-Mail: besucherdienst@olg.justiz.hamburg
Zum Tag des offenen Denkmals sind diese Gebäude auch immer wieder ein Hingucker.