Manche Wahrzeichen einer Stadt hat man gar nicht so richtig im Fokus, wenn man schon einige Zeit lang dort lebt. Das gilt auch für den Hamburger Michel.
Klar weiß man, dass die Hauptkirche St. Michaelis das wohl berühmteste Gotteshaus der Stadt ist. Aber die spannende Geschichte rund um den Michel vergisst man oft genug auch wieder. Dabei ist die Historie ziemlich spannend.
Um 1600 herum wütetet in Hamburg die Pest. Außerhalb der Stadtmauern entsteht deshalb ein Friedhof für die armen Seelen, die an dieser Krankheit verstorben sind.. Seine Kapelle ist der Vorläufer der heutigen Ansgar-Kirche. Als immer mehr Menschen in die Neustadt ziehen, war die Kapelle zu klein. Der Hamburger Rat und die Bürgerschaft beschließen deshalb einen Neubau, der dem Erzengel Michael geweihten Kirche in der Nachbarschaft. Am 14. März 1661 wird der erste große Michel geweiht.
Blitzeinschlag und Brände
1750, also keine hundert Jahre später, wird der Michel vom Blitz getroffen. Der Turm stürzt ein, das Gotteshaus selbst brennt bis auf die Grundmauern nieder. Das ursprüngliche Gotteshaus, der sogenannte kleine Michel, dient zunächst als Notkirche, bis der große Bruder 1762 wieder aufgebaut ist.
1811 dann wird der Michel katholisch. Hintergrund ist die Besetzung Hamburgs durch Frankreich. In diese Epoche fällt auch ein Kuriosum rund um den Michel – er soll zum Pferdestall werden. Die Franzosen haben bereits etliche Kirchen dazu zweckentfremdet. Aber nicht mit den Hamburgern! Zwölf Gemeindemitglieder stellen die 300 Plätze zur Verfügung, die für die Pferde gebraucht werden.
Wieder ein knappes Jahrhundert später brennt die Kirche erneut nieder. Grund dafür waren Lötarbeiten. Diesmal dauert es allerdings nur sechs Jahre, bis Sankt Michaelis wieder steht – diesmal allerdings nicht mehr in Holz, sondern in Stahl und Beton.
im Zweiten Weltkrieg treffen die Bomben der Alliierten das Hauptschiff des Michels schwer und machten umfangreiche Wiederaufbauarbeiten nötig, die 1952 erledigt sind. Doch auch in den 1980er Jahren muss Hamburgs berühmteste Kirche noch einmal restauriert werden.
Heute ist der Michel weit mehr als nur Gotteshaus und Wahrzeichen. Er dient auch als Veranstaltungsort für Kongresse, Konzertsaal und ungewöhnliche kirchliche Ereignisse wie den legendären Motorradgottesdienst.
Krypta, Orgeln und Glocken
Die Krypta des Michel ist heute eine Art Museum. Hier wurden von 1762 bis 1811 Verstorbene in einer einzigartigen Grabkammer bestattet. Die kann man heute ebenso besichtigen wie Bronzeskulpturen und Glocken-Fragmente. Zum Michel gehörten überdies vier Orgeln. Eine davon findet man ebenfalls in der Krypta.
Insgesamt zehn Glocken sorgen überdies dafür, dass man den Hamburger Michel nicht nur sieht, sondern auch hört. Die sogenannten Uhrschlagglocken allerdings fehlen bis 2016. Sie waren im 1. Weltkrieg zur Waffenproduktion eingeschmolzen worden.