Wer durch Eimsbüttel kommt, quert unter Umständen den Heußweg. Die Straße hat nicht, wie einige irrtümlicherweise denken, den Namen von Theodor Heuß, dem Mitbegründer unserer Republik. Weit gefehlt und viel simpler: Der Weg führte durch das kleine Eimsbütteler Gehölz zum Heußhof, einer bereits im 18.Jahrhundert sehr geschätzte Wirtschaft mitten im Grünen.
Ich möchte Euch die Geschichte anhand eines Zeitzeugenberichtes mit eigenen Worten erzählen. Die Geschichte ist spannend, teilweise aus unserer heutigen Sicht, politisch vollkommen unkorrekt. Doch zeigt der Bericht, welches Geistes Kind man damals war.
Ein altes, aber doch viele Jahre hindurch florierendes Wirtshaus in Eimsbüttel war der „Heußhof“. Dieser wurde 1771 vom Gastwirt Heuß, in der Nähe vom kleinen Eimsbütteler Holzes errichtet, der reich an Nachtigallen war. Im Laufe der Jahre hatte der Gasthof einen so guten Namen, dass er 1789 im Buch „Der Hamburger Gesellschafter“, als ein sehr gutes Wirtshaus ausgewiesen wurde.
Eine feine Wirtschaft
1792 wurde im „Garten Almanach“ berichtet, dass Heuß‘ feine Wirtschaft täglich ein Table D’hôte abhielt, welche immer von einer sehr unterhaltsamen Gesellschaft besucht war. So wurden unter anderem von einer Reihe einzelner Herren, die dort befindlichen Sommerwohnungen benutzt. Am 14. Juli 1792 erscheint eine Zeitungsnotiz, in der berichtet wird, dass die sich in Eimsbüttel aufhaltenden Franzosen ihr Nationalfest dort feiern. Wörtlich heißt es:
„Sie waren, wie es dort heißt, sämtlich in der Vornehmen und sehr gut eingerichteten Tabagie (altes Wort für eine Art Raucherlokal), des Herrn Heuß versammelt, wo sie speisten, tanzten, und sich Vergnügen aller Art machten. Es ging, wie der Berichterstatter vermeldet, sehr artig zu und die übermäßige Lust einiger junger Herren, die durch strenge Sonnen- und Weinhitze erregt geworden, fand bei den Zuschauern viel Interesse. Übrigens muss man sagen, dass sich im Ganzen die Gesellschaft so verhielt, dass sie ihrer Nation bei anständigen Freuden Ehre machte“
1798 ist die Vornehmheit und Exklusivität des Lokals so gestiegen, dass der gute Heuß auf Drängen der Stammgäste über die Zeitungen, den Israeliten, mit anderen Worten den Juden, das Betreten seines Gartens verbot. Ein Schritt der sehr viel Kritik ausgelöst hatte. Die Presse war in zwei Lager gespalten….
Eine Eiche vom Grafen
1809 wurde der Heußhof Opfer eines Feuers. Inzwischen war der alte Gastwirt verstorben und seine Frau, Witwe Heuß, hat noch im gleichen Jahr den Heußhof wieder aufbauen lassen. 1811 war dann die große Neueröffnung. Der Heußhof war nun noch feiner und es wurden hier und da Verbesserungen vorgenommen. Die Bewirtung war so gut, dass sie in der Franzosenzeit, durch besondere Protektion des Kommandierenden verschont blieb. Der Rest von Eimsbüttel lag hier schon in Schutt und Asche.
Der Heußhof blieb 65 Jahre im Familienbesitz. Dann wechselten die Eigentümer. In den 1830ern kaufte Johann Joachim Dobberthien das Grundstück. Er verbesserte das Gebäude, unter anderem ließ er das Säulenportal errichten, den Saal auffrischen und veranstaltete an Sonn- und Feiertagen glänzende table d’hôte. Er verbesserte den Garten und ließ den Altonaer Grafen Von Blücher eigenhändig eine Eiche pflanzen. Zudem wurden dort abendliche Gartenfeste mit Lampions und Tanz veranstaltet.
Lebemänner im Mondschein
Unter den ganzen Gesellschaften, die Ihren Stammsitz hier hatten, stach der „Mondscheinclub“ hervor. Dieser Club war eine Vereinigung von Lebemännern. Der Name des Clubs entstand dadurch, das die Gründungsmitglieder beschlossen, dass sie nur an den Tagen zusammen kamen, an dem der Mond bei Ihrer nächtlichen Rückkehr zur Stadt den Weg erhellte. Später traf man sich den ersten Mittwoch des Monats. Zur Erinnerung an das Treffen wurden witzige und einmalig exklusive Einladungskarten an die Mitglieder verschickt. Diese Einladungen, die wahre Hamburgensien sind, haben bei vielen Sammlern hohen Wert.
1860 verkaufte Dobbertien den Heußhof an den Konsul Heeren. Er teilte den Besitz, wobei er den größten Teil des Garten behielt und vermietete den Rest an den Wirt Adolf Stoop. Dieser veranstaltete 1861 und 1862 „Abonnenment- Concerte“ der Musikdirektoren Kleinmichel und Neumann unter der Mitwirkung des Sängerchors vom Stadttheater. 1863 übernahm der Gastwirt Stöckel den Heußhof und veranstaltete hier wieder große rauschende Gartenfeste, bei denen er Feuerwerke abrannte. Es dauerte nicht lange, aber schon bald entstand auf dem Terrain vom Heußhof ein neuer Straßenzug, die 1867 den noch heutigen Namen „Wiesenstrasse erhielt. Der Gasthof jedoch wurde in mehrere Privatwohnungen umgebaut.
Gastwirtschaften gibt es heute noch, dort wo sich einst der Heußhof befand. Wenn Ihr Euch in den Biergärten vom Cafe Strauss oder vom Maybach befindet, schaut euch doch einfach mal den Altbau an der Wiesenstrasse an, denn das ist er: der umgebaute ehemalige Heußhof.