© Kiki Thaerigen
Okay, reden wir über Golf. Das Rentnerspiel. Das Millionärshobby. Den Zahnarztzeitvertreib. Den Sport, den viele als langweiliges Spiel verstehen – so lange, bis sie ihm selbst verfallen sind, was überraschend fix gehen kann.
„Wenn man sich dabei nicht die Nase brechen kann, ist es kein Sport“ heißt es ja. Nun, beim Golf kann man sich weitaus mehr als nur die Nase brechen, jedenfalls, wenn man sich dumm anstellt. Der Ball ist relativ klein, steinhart und erreicht nach dem Abschlag Geschwindigkeiten von deutlich über 200 km/h. Dem möchte man ja genauso ungern im Weg stehen wie einem verirrten Eishockeypuck. Aber es stimmt schon: der gemeine Herzinfarkt auf dem Grün, wahrscheinlich aus Ärger über den Score, kommt als Todesursache im Golf deutlich häufiger vor als der Abschuss durch einen Mitspieler.
Der Golfschwung an sich sieht schön simpel aus und gilt als der zweitkomplizierteste Bewegungsablauf im Sport nach dem Stabhochsprung. Und der Bewegungsablauf ist in den drei Hauptkomponenten Tees Spiels – langes Spiel, kurzes Spiel und Putting – jeweils sehr verschieden. Um zu spielen wie Tiger Woods sollte man daher, genau wie der Meister selbst, idealerweise schon mit zwei oder drei Jahren angefangen haben zu üben. Aber auch wer nur alle paar Wochen mal Zeit für eine Runde hat, kann dabei dennoch sehr viel Spaß und einigen Erfolg haben.
Ein einziger gelungener Treffer genügt, und das satte ‚plock‘, verbunden mit dem perfekten Ballflug auf das Ziel, sorgt für die Ausschüttung jeder Menge Glückshormone, wie man sie sonst erst nach einem Marathonlauf erfährt. Es ist sicher kein Zufall, dass Golf auf Rang 8 der deutschen olympischen Sportverbände und auf Rang 3 der absoluten Zuwächse steht, gleich nach dem Deutschen Turnverband und dem DFB. Schläger und Bälle gibt es regelmäßig beim Kaffeeröster und dem Discounter an der Ecke zu kaufen und in vielen Schulen ist Golf inzwischen ganz normaler Teil des Sportangebots.
Hamburger Golfer, und solche, die es werden wollen, sind dabei besonders gut dran: Über 30 Clubs in und rund um Hamburg bieten regelmäßig Anfängerkurse oder Tage der offenen Tür an, die Berührungsängste wegwischen und den Spaß am Sport vermitteln sollen.
Wer mitten in der Stadt arbeitet oder urlaubt und statt der klassischen Hafenrundfahrt oder nach dem Museumsbesuch einfach nur mal ein paar Bälle schlagen möchte um zu sehen, ob einem die Sache liegt, der kann das spontan und ohne Anmeldung z.B. in der Golf Lounge an den Elbbrücken tun. Nur etwa zehn Minuten mit dem Auto bzw. ein Viertelstündchen mit Bus und Bahn vom Hauptbahnhof entfernt (eine Stunde mit dem Longboard aus der Schanze) liegt die kinderfreundliche Übungsanlage ohne Platz, wo es keinen klassischen Dresscode gibt – Hochgestellter rosa Polohemdkragen ist optional – und sich Interessierte beim Bier und leckeren Snacks treffen können, um an ihrem Schwung zu arbeiten und mit Gleichgesinnten zu fachsimpeln. Gewarnt ist gewappnet: Dienstags trifft sich hier die After Work Businessgolf Szene Hamburgs und vergleicht, wer die härtesten Bälle (100 Stück ab 2€) hat.
Wer hingegen schon etwas Erfahrung und Platzreife hat und auf den Platz will, kann das nicht viel weiter südlich neben der Autobahn tun: Bei Red Golf Moorfleet hat man ein Herz für Anfänger, eine vielseitige Übungsanlage und ganz hübsche 9 Loch, die man per Pay & Play bespielen kann. Jeden Sonntag finden kostenlose Schnupperkurse statt. Ein großes schwedisches Möbelhaus liegt übrigens nicht weit weg, quasi nur einen gelungenen Abschlag entfernt, das mag den einen oder anderen ja auch besonders motivieren.
Ebenso autobahnnah gelegen (A7 Abfahrt Schnelsen-Nord) ist der deutlich exklusivere Golf-Club Hamburg-Wendlohe e.V., der über einen 27 Löcher umfassenden Parkland Course mit viel altem Baumbestand verfügt und zum exklusiven Kreis der Leading Golf Courses of Germany zählt. Hier sollte man schon etwas mehr Erfahrung und eine Clubmitgliedschaft mitbringen um spielen zu dürfen. Karierte Hosen müssen es zwar nicht sein, aber Blue Jeans werden nicht geduldet und auch der Geldbeutel sollte nach dem DOM-Besuch noch etwas praller gefüllt sein. Allerdings gibt es ein ermäßigtes Angebot für Gäste, die zwischen Mai und September erst nach 17 Uhr abschlagen. Da es hier im Norden ja bekanntlich im Sommer lange hell ist, hat man dann noch jede Menge Zeit für 18 Loch, die im Schnitt vier Stunden dauern.
Denn das ist der eigentliche Luxus am Golf: Nicht die Ausrüstung, die es, wie erwähnt, auch schon mal beim Kaffeeröster gibt, oder die Clubmitgliedschaft, die auf den Monat umgerechnet soviel wie die Mitgliedschaft in einem guten Fitnessstudio kostet – es ist die Zeit, mit der man bezahlt. Womit auch das Klischee vom Rentner-, Zahnärzte- und Millionärssport erklärt wäre. Mehr Zeit haben doch eigentlich nur noch Studenten, oder? (KikiT)