Wer hat Vorfahrt, wenn aus zwei Fahrstreifen einer wird?
Ein interessanter Verkehrsunfall, der sich in Hamburg abspielte, beschäftigte die Gerichte.
In Hamburg rammte ein LKW-Fahrer eine PKW-Fahrerin, als er bei einer beiderseitigen Fahrbahnverengung von der linken Spur kommend nach rechts zog. Die Haftpflichtversicherung des LKW-Fahrers gab der PKW-Fahrerin eine Mitschuld an dem Unfall und wollte ihr nur die Hälfte des Schadens erstatten. Dagegen zog die Geschädigte vor Gericht und unterlag nun in letzter Instanz sogar vor dem BGH: Wer auf der rechten Spur fährt, hat nicht automatisch Vorrang, so das Gericht. Anders als beim Verkehrszeichen 121 („einseitig verengte Fahrbahn“) ende nicht einer der beiden Fahrstreifen. Deshalb könne nicht vom Vorrang des durchgehenden Fahrstreifens ausgegangen werden. Das Reißverschlussverfahren (§ 7 Abs. 4 StVO) finde in solchen Fällen ebenfalls keine Anwendung.
Bei einer beiderseitigen Fahrbahnverengung hat niemand Vorfahrt! Vielmehr müssen die Verkehrsteilnehmer auf dem linken sowie rechten Fahrstreifen gegenseitig aufeinander Rücksicht nehmen. Im vorliegenden Fall habe sowohl der Lkw-Fahrer als auch die Pkw-Fahrerin gegen die Pflicht zur erhöhten Rücksichtnahme verstoßen. Die hälftige Haftungsverteilung war nicht zu beanstanden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit nun veröffentlichtem Urteil vom 08.03.2022 entschieden.