Die Geschwister Christian Heymann und Heike Heymann-Rienau übernahmen die Leitung des Familienunternehmens von Seniorchef Gerhard Heymann
„Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt“, lautet eine arabische Redensart. Einen besseren Vergleich könnte man wohl kaum finden, um die Faszination, die die Welt der Bücher in jedem leidenschaftlichen Leser entfacht, zu beschreiben. Das dürften wohl auch Heike Heymann-Rienau und Christian Heymann so empfinden, die gemeinsam das Familienunternehmen Heymann in dritter Generation leiten. Mit einem kleinen Ladengeschäft fing alles an. Damals, 1928, als ihr Großvater Kurt Heymann mit einer Sammlung seiner Lieblingsbücher und einer unermüdlichen Leidenschaft fürs Lesen eine kleine Buchhandlung in Eppendorf eröffnete. Heute, 90 Jahre später, ist das Unternehmen weit über Hamburgs Stadtgrenzen hinaus bekannt. Wer in einer der 14 Heymann Buchhandlungen anruft, spürt sofort, was sie von anderen unterscheidet. Nicht umsonst ist für viele Kunden Heymann das, was das Unternehmen auch in seinem Namen trägt: eine Lieblingsbuchhandlung.
„Erst dann, wenn unsere Kunden zufrieden sind, sind wir es auch“, erläutert Christian Heymann das Unternehmenskonzept der Stadtteilbuchhandlung. „Unsere Kunden wissen, dass unsere Mitarbeiter nichts unversucht lassen, um fast jedes Buch zu besorgen, ein besonderes Buch zu empfehlen oder unkompliziert dabei helfen, ein versehentlich falsch Bestelltes problemlos umzutauschen. Wir – als lokale Buchhandlung – müssen uns nicht verstecken“, so Heymann weiter. Es verwundert nicht, dass die Heymann Buchhandlungen wie der Bäcker, der Supermarkt, die Apotheke oder der Gemüsehändler um die Ecke als Teil der lokalen Nahversorgung verstanden werden.
Die Firmengründer Kurt und Margarete Heymann
Allerdings war der Weg zu einer waschechten Hamburgensie und Lieblingsbuchhandlung der Hamburger nicht immer einfach. Ob nach dem Zweiten Weltkrieg oder mit dem Aufkommen der Online-Konkurrenz – man musste sich immer wieder neu erfinden. „Man kann den Wind nicht ändern, aber die Segel anders ausrichten“, bringt es Heike Heymann-Rienau mit dem Wahlspruch der Hamburger Buchhändler-Dynastie auf den Punkt. Diese fest verwurzelte Haltung scheint letztendlich auch den Erfolg des Unternehmens auszumachen, wie auch zahlreiche Auszeichnungen belegen: 2007 das „Hamburger Familiensiegel“, 2008 „Buchhandlung des Jahres“, 2016 Auszeichnung mit dem Deutschen Buchhandlungspreis. Trotz all des Lobes oder vielleicht gerade deswegen ruhen sich die Heymanns nicht aus, feilen in puncto Kundenbindung, Selbstverständnis und Personalpolitik stets an einer Optimierung.
Eine andere Herzensangelegenheit der beiden Geschäftsführer treibt sie mindestens genauso an wie das Wohlergehen des Familienunternehmens: Die Leseförderung junger Menschen. „Das geht am besten über Lesungen“, erzählt Heymann-Rienau. „Wenn einer unserer Autoren zu einer Lesung kommt, ist es mucksmäuschenstill, die größten Rabauken sitzen dann mit offenem Mund da und hören zu. Da merkt man, wie schon die Kleinen vom Medium Buch begeistert sind. Und wenn man Lesekompetenz auf der einen Seite fördert, und gleichzeitig die Freude am Lesen, das Interesse an Literatur auf der anderen Seite weckt, dann ist das schon eine gute Sache für die Kinder.“
Literaturvermittlung spielt bei den Heymanns aber nicht nur bei jungen Leuten eine große Rolle. Wie kaum ein anderes Unternehmen der Branche engagiert man sich mit Autorenlesungen, Leseabenden mit Buchtipps, Literaturverfilmungen oder als Buchhandelspartner beim Harbour Front Literaturfestival und Veranstalter des Hamburger Krimifestivals dafür, dass das Lesen als aktive Teilnahme an der Gesellschaft verstanden wird. Schließlich ist die Fähigkeit zur kritischen Auseinandersetzung mit Sachverhalten, Meinungen und Quellen im Zeitalter des Internets wichtiger denn je.
Bleibt die Frage, wie es in der Zukunft weitergeht, was es für neue Herausforderungen geben wird. Aus Sicht der Heymanns ist man für die Zukunft gewappnet. „Man muss immer neue Ideen haben, sich immer neu erfinden“, ist sich Heymann-Rienau sicher. Man könnte fast meinen, man höre Franz Kafka bei diesen Worten heraus, brachte er doch seinerzeit sehr schön auf den Punkt: „Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.“
Heymann-Buchhandlung am Eppendorfer Baum um 1934