© Hamburger KammerspieleBeide Gebäude des Theaters wurden 2002 umgebaut und modernisiert, der Hauptsaal fasst heute 419 Zuschauer. Der Logensaal im selben Gebäude bietet – je nach Bestuhlung – bis zu 100 Zuschauern Platz und wird für Lesungen und Kabarett genutzt. So wie das Ohnsorg Theater immer in Verbindung mit Heidi Kabel gedacht wird, bleiben die Hamburger Kammerspiele untrennbar mit dem Namen Ida Ehre verbunden.
Die charismatische Schauspielerin und Intendantin aus Wien prägte die deutsche Theaterkultur nach dem Zweiten Weltkrieg, obwohl sie entsetzliche Jahre in Hamburg erleben musste. Bereits im Sommer 1945 reichte sie bei der britischen Militärregierung den Antrag ein, in einem Theatergebäude in der Hartungstraße 9 die Hamburger Kammerspiele wiedereröffnen zu dürfen. Bis 1941 war die klassizistische ehemalige Villa eines Kaufmanns Sitz des Jüdischen Kulturbundes, wurde nach dessen Auflösung durch die Nationalsozialisten geschlossen und später als Deportationsstelle genutzt. 1945 spielten hier die Engländer Kabarett. Über den englischen Theateroffizier John Olden, der später ein bekannter Fernsehregisseur wurde, bekam die Jüdin Ehre 1946 die Konzession für die Kammerspiele. Am 10. Dezember 1945 konnten sie und ihr Ensemble mit Robert Ardeys „Leuchtfeuer“ Premiere feiern. Sie wollte in diesem Haus Theater machen, dort „menschliche Probleme und Probleme der Welt“ vorführen, „von denen wir 12 Jahre lang nichts wissen durften“. Die Wiedereröffnung der Hamburger Kammerspiele stand in Hamburg für den Neuanfang und für die Idee eines „Theaters der Menschlichkeit und Toleranz“ (Ida Ehre). © Herlinde Koelbl
Ida Ehre war Hamburgs erste weibliche Ehrenbürgerin
So brachte sie als Uraufführung in Deutschland Wolfgang Borcherts „Draußen vor der Tür“ heraus und blieb dieser risikoreichen Bereitschaft zu Uraufführungen, verbunden mit der Förderung junger Nachwuchskräfte, bis an ihr Lebensende treu. Sie war eine ungewöhnliche Frau. Häufig stand die Intendantin und Regisseurin selbst auf der Bühne. Unvergleichlich ihre Rolle als „Mutter Courage“. Hamburg dankte es ihr mit der Verleihung der Ehrenbürgerschaft 1985, als erster Frau überhaupt.
Zwei Jahre nach ihrem Tod 1989 ging das Privattheater mit 1,9 Millionen Schulden in Konkurs. Die Belegschaft besetzte das Gebäude, woraufhin die städtische Sprinkenhof AG als Eigentümer alle Zugänge verbarrikadierte. „Spiegel“-Herausgeber Rudolf Augstein bot 700.000 DM für die Fortsetzung des Spielbetriebs, was die Sprecherin der Kulturbehörde wie folgt beantwortete: „Wir können uns nicht zu Hampelmännern von Sponsoren machen lassen!“ Es kam ein neuer, junger Intendant, dessen Bilanz verheerend ausfiel. Von 1995 bis 2003 führte das Intendanten-Duo Ulrich Waller (Regisseur) und Ulrich Tukur (Schauspieler) das Privattheater überaus erfolgreich, ehe man sich mit Mäzen Jürgen Hunke nicht mehr einig war. Zuständig ist seit 2003, wie auch in den Theatern von Altona und Harburg, Axel Schneider.
Die Hamburger Kammerspiele gehören zu den erfolgreichsten Privattheatern Deutschlands, haben sich mit ihrem ambitionierten und vielfältigen Programm weit über die Grenzen der Stadt hinaus einen Namen gemacht und wurden für ihre Produktionen mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Neben dem typischen, hochbesetzten Kammerspiel und modernen Klassikern sind auch Lesungen, politisches Kabarett und Liederabende bis hin zu einem jährlichen Theaterstück für Kinder in der Weihnachtszeit fester Bestandteil des Programms.