Das Museum der Arbeit ist bekannt für tolle Aktionen, hier werden Erwachsenen und Kindern regelmäßig Arbeitsgänge vorgeführt, die es so entweder gar nicht mehr gibt oder nur noch sehr selten. Das ist immer beeindruckend und begeistert die Kinder verlässlich. Etwas anders ist es natürlich , wenn man an einem Tag hinfährt, an dem im Museum gar nichts los ist.
Foto: Museum der Arbeit
Aber das passte gerade und lag auf dem Weg, da wollten wir uns das mal ansehen, zwei Sechsjährige und ich. Da gehen die Kinder dann ohne große Erwartungen hinein, Arbeit klingt nicht so spannend für sie, was soll da schon kommen? Aber na gut, im Museum ist ja immer irgendwas zu finden. Und sei es die Caféteria mit der Kuchenauswahl, immer ein spannender Aspekt bei Ausflügen. Und dann bleiben die beiden überraschend gleich beim ersten Apparat hängen, stehen und staunen. Bedienen, grübeln, wechseln sich ab, fragen mich Löcher in den Bauch. Manchmal werden Dinge interessant, einfach nur weil sie im Museum stehen. So speziell war der Mechanismus allerdings nun auch nicht und ich habe ein wenig gedrängelt, denn wir standen noch vor dem Garderobenschrank. So ein Schrank, in den man einen Euro steckt, der dann wieder rauskommt, wenn man wieder aufschließt, bekannt aus jedem Schwimmbad. Aber jetzt plötzlich die Attraktion des Tages. Wieso kommt das Geld da eigentlich wieder raus? Geht das auch mit anderen Geldstücken, wer bekommt die Münzen, die vergessen werden und wird man reich davon? Wieso genau schließt der Schrank nur mit Münze und kann man da nicht mal reingucken? Und wenn wir um einen Schraubenzieher bitten? Der Schrank wurde hundertmal geschlossen und geöffnet und erneut mit der Münze gefüttert, der Besuch hatte sich an der Stelle sozusagen schon gelohnt.
Foto: Museum der Arbeit
Das war also vermutlich mein erster Museumsbesuch, bei dem ich einen erheblichen Teil der Anwesenheit noch vor dem ersten Exponat verbracht habe, aber egal. Man muss die pädagogisch wertvollen Momente nutzen, wie sie kommen. Wobei er so pädagogisch wertvoll auch wieder nicht gewesen sein wird, da ich gar keine Ahnung habe, wie ein Schloss funktioniert, schon gar nicht mit Münzeinwurf. Ich schob die Kinder lieber weiter, hin zu den Ausstellungsstücken. Zu Metallverarbeitung, Buchdruck etc. – nur um zu erkennen, dass dadurch nichts besser wurde. Man hat mit zwei Sechsjährigen kaum Zeit, die Beschriftungen an den Vitrinen und Maschinen zu lesen, da einer der beiden garantiert gerade die Idee hat, seine Finger irgendwo hinein zu stecken. Also rät man im Vorbeigehen Maschinendingse und gibt Erklärungen von sich, die bei der Sendung mit der Maus doch irgendwie immer logischer klingen. Die Kinder stört das allerdings nicht sehr, die sind mit meinen Bildungstrümmern aus dem Physikunterricht vor gefühlten hundert Jahren ganz zufrieden.
“Was ist das?”
“Das ist eine große… äh… Maschine. Die macht Zeug.”
“Okay. Können wir weiter?”
Es ist bei gar nicht wenigen Exponaten einigermaßen unklar, wie weit man die nun anfassen kann oder nicht, das fand ich ein wenig anstrengend, und die Kinder nervt so etwas auch. Interessant fanden sie es aber doch, besonders die historischen Druckmaschinen, die aussehen, als hätten Erwachsene mit einem sehr großen Technikbaukasten ein Wahnsinnssteil zusammengebastelt, mit irre vielen Zahnrädern. Da hatten die beiden Respekt, die Leistung konnten sie sich vorstellen. Dachten sie jedenfalls.
Foto: Museum der Arbeit
Dann blieben sie vor der Illustration eines Hochofens stehen, der im Querschnitt dargestellt war. Wollten auch da wieder wissen, was das denn nun genau sei. Und weil es mir als Nichttechniker allmählich zu blöd wurde, dauernd gar nichts zu wissen, habe ich mich auf die Grundqualifikation eines Autoren besonnen und es ihnen ohne den Hauch einer Ahnung erklärt. Eine schöne, sportliche Aufgabe, fünfzehn Minuten Text zu einer Maschine abzusondern, die man überhaupt nicht versteht. Das ist wie dieses Powerpoint-Karaoke, wo man improvisierte Präsentationen zu Folien hält, die man nie vorher gesehen hat. Gibt es Museums-Karaoke schon? Das könnte man sonst einmal einführen, Autoren erklären Exponate, ohne zu wissen, worüber sie reden. Ich glaube, das hätte was. Mitlesende Museumspädagogen dürfen das gerne weiterdenken.
Foto: Museum der Arbeit
Die Kinder zumindest waren mit meinem Vortrag zufrieden, das abschließende “und hier kommt dann das Eisen raus” hat alle Erwartungen deutlich erfüllt. Und sie haben auch nicht gesehen, dass die Aufsichtsperson, die ein paar Meter weiter stand, die ganze Zeit milde den Kopf geschüttelt hat und der offensichtlich kundige ältere Herr, der neben uns gerade etwas anderes ansah, ab und zu recht fassungslos zu uns herüber blickte. Manchmal muss man eben ein wenig Glück haben.