Von Hamburg nach Rostock mit dem Fahrrad? An einem Tag? Das ist zwar eine längere Strecke, aber auch für den Durchschnitts-Radler in 24 Stunden möglich – und zwar auf dem Hanseatenweg. Dem Hanse was? Einer aufregenden Wander- und Fahrradstrecke, die Norddeutschlands Hansestädte miteinander verbindet. Um aber auch genügend Zeit für das Drumherum zu haben, fangen wir klein an: Mit dem Hanseatenweg in Hamburg werden wir einen Tag gemütlich von der Außenalster bis hoch nach Poppenbüttel fahren und dabei viel erleben und entdecken.
Und wie kann man einen langen Tag besser beginnen, als mit einem guten Frühstück? Richtig, gar nicht. Deshalb starten wir unsere Tour auch im Café Funk-Eck an der Rothenbaumchaussee. Ob an der warmen Sommerluft auf der großen Terrasse oder dem gemütlichen Innenbereich, hier hat bisher noch jeder das turbulente Großstadtleben um sich herum vergessen können. Und sobald unser Magen nach Pancakes, Eiern und Toast gut gefüllt und glücklich ist, kann es auch schon los gehen.
Vom Funk-Eck aus fahren wir erst einmal die Rothenbaumchaussee nach Süden entlang. Vorbei am ehrwürdigen Tenniscourt, Fernsehstudios und bezaubernden Jugendstilvillen, bis das Museum für Völkerkunde zu unserer Linken erscheint. Mit seinen Ausstellungen über Kulturen und die Geschichte der Menschheit kann man hier mit einem Besuch zwar nie etwas falsch machen, heute aber fahren wir nur dran vorbei und biegen wenige Meter später links in die Johannisstraße ein, die uns zur Außenalster führt.
„Steigt ein!“, hört man die Ruderer rufen, noch bevor man das Wasser sieht. An der Außenalster angekommen, belohnt der herrliche Blick über Hamburgs schönstes Süßwasser das frühe aufstehen. Neben den fleißigen Sportlern, die sich an und auf der Alster tummeln, sind schon jede Menge Spaziergänger unterwegs und vertreten sich genauso die Beine, wie die vielen Jugendlichen, die fleißig auf der Jagt nach Pikachu und Co. sind.
Der Alsterpark begeistert mit seinen anmutigen Weiden und dem satten Grün am Wasser. Auf dem Weg nach Norden liefern wir uns ein Wettrennen mit einem Ruderboot, das direkt neben uns fährt. Das kleine Tretboot mit den vier Freunden haben wir schon längst abgehängt, aber die Ruderer haben Kraft und Ausdauer – und die Krugkoppelbrücke am Ende doch vor uns erreicht. Die denkmalgeschützte Brücke verbindet Harvestehude mit Winterhude und hilft uns, die Alster schnell und trocken zu überqueren.
Wir gratulieren den jungen Ruderern zum Sieg und fahren weiter. Mit großen Augen geht es an riesigen Villen vorbei, die wir gerne kaufen würden – wenn wir denn könnten – lauschen den Vögeln, die sich in den Bäumen unterhalten genauso wie den Kindern, die man in den Gärten herumtollen hört.
Links springt plötzlich der Isebekkanal von der Alster ab. Die kleine Schwester der Alster fließt durch Eppendorf über die Hohe-Luft-Brücke bis zum Kaifu Bad und hat auch dem beliebten Isemarkt seinen Namen gegeben. Eine Tour am Isebekkanal ist zwar immer eine gute Idee, heute folgen wir aber dem Alsterlauf.
Vor uns sehen wir die St. Johannis Kirche. Zu Recht ist das wunderschöne Bauwerk aus dem Mittelalter die Hochzeitskirche in Hamburg. Mit ihrem architektonischen Mix aus Fachwerk, Romanik und Barock ist sie etwas ganz besonderes. Gleich gegenüber der St. Johannis Kirche befinden sich zwei weitere Hamburger Institutionen: Alma Hoppes Lustspielhaus fällt von Außen vor allem durch seine über und über mit Efeu berankten Fassade auf. Wer Aufmunterung braucht oder einfach herzlich Lachen möchte, sollte unbedingt hier her kommen. Nirgendwo sonst kann man seine Lachmuskeln besser trainieren. Oder? Die Konkurrenz in Hamburg schläft bekanntlich nicht. Fast schon nebenan wartet das Winterhuder Fährhaus ebenfalls darauf, den Menschen mit gut inszenierten Geschichten und Komödien ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Wir finden beide Häuser Top und besuchen sie immer wieder gern.
Wir fahren weiter Richtung Norden, als uns an der Grenze von Eppendorf zu Alsterdorf plötzlich ein Pärchen begegnet, das wie wir Fahrrad fährt – nur auf dem Wasser! So etwas hat Hamburg bisher noch nicht gesehen. Am Lenkrad ist sogar ein Fahrradkorb befestigt. Aber warum nicht? Heute fahren ja auch Busse auf der Elbe. AlsterRadler heißt das Zauberwort und die Anleger Station dieser besonderen „Räder“ ist nicht weit weg. Direkt am Deelbögenkamp kann man sich den Mix aus Fahrrad und Katamaran leihen und die Stadt sportlich vom Wasser aus entdecken. Da wir aber so gut im Tritt sind und nicht jeder Seefest ist, ziehen wir den Hanseatenweg auf dem Land der Wasserstraße erst einmal vor.
Für uns geht es weiter durch Alsterdorf. Vorbei an idyllischen Kleingartenanlagen und den schönen Neubauten im Maienweg bis zur Ratsmühlenbrücke. Ein kleiner Bootsverleih und gemütlich wirkendes Restaurant ziehen unsere Blicke hier auf sich. Die Ratsmühle am Alsterlauf lädt seit 1997 Groß und Klein zum Verweilen ein. Und vor allem: Hier ist für jeden etwas dabei – ob Schatten- oder Sonnenanbeter, Fans leichter oder deftigeren Gerichte. Weiter am Fluss entlang begleiten uns viele Tretboote auf der einen und lachende Kinder auf dem riesigen Spielplatz am Alsterwanderweg auf der anderen Seite.
In Wellingsbüttel erspähen wir ein imposantes, gut erhaltenes Fachwerkhaus. Das 1757 erbaute Torhaus Wellingsbüttel diente früher als Pferdestall. Der Geruch der stolzen Tiere ist inzwischen längst verflogen. Heute dient das Torhaus Wellingsbüttel nicht nur als Location für Hochzeiten und Kulturveranstaltungen, es beherbergt auch das Alstertal Museum. Wer sich für die Geschichte der Stadtteile Wellingsbüttel, Poppenbüttel und Hummelsbüttel interessiert, ist hier genau richtig.
Kurz hinter dem Alstertal Museum liegt Poppenbüttel. Die meisten kennen diesen Stadtteil dank dem Alstertaler Einkaufszentrum: Norddeutschlands größte Shopping-Mall. In Poppenbüttel lässt es sich aber nicht nur herrlich einkaufen. Die Alster, die direkt hinter dem Einkaufszentrum entlang fließt passt sich perfekt dem Stadtteil an. Und wer wie wir ihrem Lauf folgt, entdeckt plötzlich ein Burgturm. Das Alsterschlösschen Burg Henneberg ist nicht nur Hamburgs einzige noch existierende Burg, sondern bestimmt auch die kleinste der Welt. 1887 wurde sie von den Gutsbesitzern Albert und Bruno Henneberg erbaut und begeistert ihre Gäste heute mit einem abwechslungsreichen Programm von Festen und Feiern, über kulturelles bis hin zu Yoga und Meditation. Ein echtes Schmuckstück und Geheimtipp, dass die Poppenbüttler hier mit Stolz hegen und pflegen und leicht versteckt halten.
Von hier aus sind es nur noch etwas mehr als zwei Kilometer nach Norden bis zu unserem Zielort. Das Kleinhuis Mellingburger Schleuse liegt direkt an einer Alsterschleife. Die 300 Jahre, die das schnuckelige Hotel inzwischen an der Hamburger Stadtgrenze steht, sieht man den Balken des Fachwerks gar nicht an. Ob nun auf der Terasse mit herrlichem Alsterblick, der Schleusen- oder Bauernstube: In den liebevoll dekorierten Räumen schmeckt das Essen von der abwechslungsreichen Speisekarte nach einer langen Fahrradtour an der Alster besonders gut. Und wer sich nach einer Stärkung wieder fit fühlt und noch keine Lust hat, wieder Richtung Heimat zu fahren, kann dem Hanseatenweg noch weiter bis nach Rostock folgen.
Café Funk-Eck
Rothenbaumchaussee 137
20149 Hamburg
Museum für Völkerkunde
Rothenbaumchaussee 64
20148 Hamburg
St. Johannis Kirche
Ludolfstraße 66
20249 Hamburg
Alma Hoppes Lustspielhaus
Ludolfstraße 53
20249 Hamburg
AlsterRadler
Deelbögenkamp 2-3
22297 Hamburg
Zur Ratsmühle
Ratsmühlendamm 2
22335 Hamburg
Alstertal Museum
Wellingsbüttler Weg 75
22391 Hamburg
Alstertal-Einkaufszentrum
Heegbarg 31
22391 Hamburg
Alsterschlösschen Burg Henneberg
Marienhof 8
22399 Hamburg
Kleinhuis Hotel Mellingburger Schleuse
Mellingburgredder 1
22395 Hamburg