Denkmalschutz – Abreißen oder erhalten?

Der Cityhof Hochhauskomplex am Klosterwall, erbaut 1956 von Rudolf Klophaus, derzeit genutzt vom Bezirksamt Hamburg-Mitte. © Uwe Rohwedder

An den denkmalgeschützten Cityhof Hochhäusern am Klosterwall scheiden sich die Geister. „Abreißen“ urteilen die einen, „erhalten und sanieren“ meinen die anderen. Was schön und schützenswert ist unterliegt oft dem Zeitgeist, was aktuell an der Debatte um das Bezirksamt Mitte deutlich wird. Es geht um geschichtliches Bewusstsein und nicht nur um eine schnelle Argumentation. Schließlich wurde das Mitte der 50er Jahre erbaute Ensemble mit seiner lichten und transparenten Architektur ganz bewusst in Kontrast zu der massiven Backsteingotik des Kontorhausviertels gesetzt und galt seinerzeit als Fanale der Moderne.
Laut der ratifizierten Neufassung des Denkmalschutzgesetzes von 2013 hat Hamburg den schützenswerten Bestand an historischen Gebäuden und Ensembles zu sichern und zugleich klare und transparente Regelungen für private Eigentümer und Investoren zu schaffen. Für die Politik bedeutet das ein ständiges Abwägen zwischen wirtschaftlichen Erfordernissen und der historischen Bedeutung eines Gebäudes. Nachverdichtung (!) und städtebauliche Interessen sind Gründe, die laut Denkmalschutzgesetz eine Abriss-Genehmigung verlangen können. Wirtschaftliche Unzumutbarkeit für den Eigentümer ist ebenfalls ein K.-o.-Kriterium für ein Denkmal.
Ein aktuelles Beispiel dafür ist das Ensemble Elisabethgehölz in Hamm-Nord. Das schmucke Wohnquartier steht als Rotklinker-Ensemble in der Straße Am Elisabethgehölz, errichtet 1924. Der Eigentümer, eine Baugenossenschaft, plant den Abriss und den Neubau von Wohneinheiten. Trotz zweimaliger Überprüfung wurde gerichtlich festgestellt, dass wegen des schlechten baulichen Zustandes kein Denkmalschutz besteht. Eine Mieterinitiative wehrt sich dagegen, argumentiert für den Erhalt mit der stadtbildprägenden und identitätsstiftenden Wirkung des Ensembles.
Auch der Denkmalverein unterstützt die Initiative und plädiert für eine denkmalgerechte Sanierung.
Oder auch die Diskussion um den Hochbunker Eidelstedter Weg 10, der unter Denkmalschutz steht. Der gute Erhaltungszustand ist der Tatsache geschuldet, dass er 50 Jahre einen Musikverlag beherbergte. Der Verein Hamburger Unterwelten e.V. wehrt sich gegen einen durch den Bezirk Eimsbüttel beschlossenen Abriss. Hier soll stattdessen ein Spielplatz gebaut werden, der durch die Erweiterung des benachbarten Firmengeländes von Beiersdorf weichen muss. Wirtschaftliche Notwendigkeit oder ist eine andere Lösung möglich? 
Denkmalschutz beschäftigt sich vorrangig mit der Ambivalenz zwischen Altem und Modernem. Befürworter und Gegner haben immer gute Argumente für ihre jeweilige Position. Und gerade Nachkriegsbauten wie die Cityhof-Hochhäuser sind von ihrer baulichen Substanz eher schlecht, eine Sanierung sehr teuer. Die Investorenausschreibung der Stadt läuft noch bis diesen Monat. 20 Millionen sind das Mindestgebot und ein Abriss möglich, wenn es die Wirtschaftlichkeit erfordert. Eine Entscheidung, die sicher auch abhängig vom Stand der öffentlichen Diskussion ist, soll dann bis Mitte des Jahres fallen. Genügend Zeit noch Einfluss zu nehmen. © Helmuth BarthVon links nach rechts: Christa Goetsch (Bündnis 90 Die Grünen), Jens Meyer (FDP), Isabella Vértes-Schütter (SPD), Norbert Hackbusch (Die Linke), Andreas Wankum (CDU)

Im vergangenen Monat diskutierten die Kulturbeauftragten der Parteien in der Patriotischen Gesellschaft das Thema Denkmalschutz. Mehr dazu findet sich auch in den aktuellen Wahlprogrammen

Unser Tipp:
Jeden zweiten Samstag im Monat um 11 Uhr und jeden vierten Sonntag im Monat um 15 Uhr, gibt es die Möglichkeit einen Blick hinter die Fassade der Klotzbrocken am Hauptbahnhof zu werfen. Der Treffpunkt für die Führungen ist der Arno-Schmidt-Platz, vor der Zentralbibliothek am Hühnerposten. Anmeldung unter: fuehrungen@city-hof.org

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